.ruhr bedeutet Imagewandel
Peter Gärtner, 55, Diplom-Ingenieur, geboren in Kaßlerfeld, einen Steinwurf von der Ruhrmündung entfernt, ist leidenschaftlicher Duisburger. Vor allem aber ist er ein echter Ruhri, der seiner Stadt über die Jahre treu geblieben ist, sich für sie einsetzt und sich in ihr engagiert. Keine Frage, sein Herz schlägt für Duisburg. Dabei ist ihm die schwierige Situation seiner Heimatstadt durchaus bewusst: Ein Schuldenberg in Milliardenhöhe, das Trauma der Loveparade-Katastrophe, Herausforderungen bei der Integration südosteuropäischer Mitbürger, ein hoher Investitionsbedarf – die Liste ist lang, das Image schlecht, die Stimmung im Keller.
»Ich habe mich in die herbe Schönheit meiner Geburtsstadt verliebt«
Dabei gibt es auch viele positive Entwicklungen, die in der öffentlichen Wahrnehmung oft zu kurz kommen. „Es liegt an uns, wie wir mit den Themen umgehen“, ist sich Peter Gärtner sicher. Innere Einstellung und Kommunikation seien die Schlüsselfaktoren. „Mit dem Ende von Kohle und Stahl ist uns offensichtlich eine gehörige Portion Selbstbewusstsein abhandengekommen. Warum eigentlich? Zugegeben, der Weg durch den Strukturwandel ist mühsam und lang. Aber sind wir Ruhris nicht harte Arbeit gewöhnt? Und stolz darauf, auch schwierigste Situationen meistern zu können?“, betont Gärtner weiter.
Rückblende. Vor ziemlich genau einem Jahr wurde Peter Gärtner von ehemaligen Arbeitskollegen gebeten, eine Tour durch Duisburg zu organisieren. Düsseldorfer, Neusser, Kaarster: Sie alle wohnen nicht weit entfernt, doch auf einen Besuch in die Stadt Montan hatten es bislang nur Wenige geschafft. Hafenrundfahrt und Landschaftspark Duisburg-Nord waren als Programmpunkte schnell ausgemacht. Gärtner: „Dann habe ich mich vertieft in die Geschichte, die Industriekultur, den Strukturwandel, um weitere interessante Tour Ziele zu finden. Dabei habe ich mich in die herbe Schönheit meiner Geburtsstadt verliebt!“
‚Duisburg pottschön!‘ war dann auch folgerichtig das Motto der Erlebnistour mit seinen Kollegen. Eigens dafür hatte Peter Gärtner ein T-Shirt mit entsprechendem Aufdruck herstellen lassen. „Die Resonanz war überwältigend. Mehrfach wurde ich beim Rundgang durch die Stadt gefragt, wo man dieses T-Shirt kaufen kann“, erinnert er sich. Nachdem die Kollegen ihn gedrängt hatten, mehr aus dieser Erfahrung zu machen, stellte er Nachforschungen an. Gärtner: „Ich war völlig überrascht, als ich feststellte, dass es das Wort ‚pottschön‘ in der deutschen Sprache bislang nicht gibt.“ Kurzerhand meldete er ‚pottschön‘ als Wortmarke beim Patent- und Markenamt in München an.
».ruhr steht für den Imagewandel«
Was fängt man nun mit einer eingetragenen Marke an, die einem gleichsam in den Schoß fällt? „Zunächst einmal war mir wichtig, die Markenrechte zu sichern, bevor es jemand außerhalb des Ruhrgebiets tut“, erklärt Peter Gärtner. „Gemeinsam mit zwei Freunden, einem Grafiker aus Duisburg und einem Webdesigner aus Essen, haben wir ein Logo entwickelt, das die Botschaft von ‚pottschön!‘ grafisch unterstützt.“ Dabei symbolisiert der in Dunkelgrau gehaltene ‚pott‘ die Geschichte der Region, das grüne ‚schön!‘ kennzeichnet den Wandel und das Ausrufezeichen steht für ein neues Selbstbewusstsein. „Brust raus, Ärmel hoch, sich der Geschichte und der eigenen Stärken bewusst, das Ziel im Blick“, bringt Gärtner seine Vorstellungen von der Reise des Ruhrgebiets in die Zukunft auf den Punkt.
Auf der Suche nach einer passenden Internetadresse wurde Peter Gärtner Ende letzten Jahres auf die neue Top Level Domain .ruhr bei dem Registrar domainregistry.de aufmerksam. Gärtner: „Ich war elektrisiert. Konnte es eine bessere Adresse als pottschön.ruhr für die Botschaft der Marke geben?“ Ganz bewusst hat er sich für die Sunrise-Phase entschieden, bekennt sich so auch virtuell zum Ruhrgebiet. „.ruhr steht für den Imagewandel. Möge www.pottschön.ruhr seinen bescheidenen Teil dazu beitragen!“
Was will Duisburg 2014 aus sich machen?
Peter Gärtner: Ich wünsche mir, dass es Duisburg immer besser gelingt, die tatsächliche und die gefühlte Negativspirale zu verlassen. Das geht nicht von heute auf morgen. Vor allem braucht es den unbedingten Willen zur Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung und Bürgern bei der Suche nach tragfähigen Lösungen. Ich finde, das hat für den (Neu-)Anfang schon ganz gut geklappt: Bahnhofsvorplatz, Loveparade-Denkmal, Asylbewerber-Wohnheim Wedau und die öffentlichen Bücherschränke sind Beispiele dafür. Natürlich kann und muss das alles noch besser werden, die Aufgabenliste für 2014 ist lang. Aber wir dürfen uns auch gerne angewöhnen, die Erfolge ein klein wenig mehr zu feiern als die Misserfolge zu beknöttern – dann klappt’s auch mit der Stimmung. Meinen Wunsch verbinde ich mit einer Bitte an alle Duisburger: Laden Sie sich in den nächsten zwölf Monaten aus Ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis mindestens einen Nicht-Duisburger ein und führen Sie ihn einen Tag lang durch unsere Stadt. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen versichern, Sie werden allein durch die Vorbereitung dieser Tour Duisburg mit neuen Augen sehen – und Ihr Besucher auch!
(aus WAZ Duisburg, 02.01.2014)